Das Urteil
BILDER UND WELTEN
Informationen: , 19.95 €
Verlag: Knesebeck
Rezension
Das fünfte und jüngste Buch der Kafka-Reihe aus dem Hause Knesebeck ist eine rätselhafte Novelle: Georg, ein junger Industrieller, der erfolgreich die vom Vater geerbte Fabrik leitet und sich gerade verlobt hat, schreibt an einem sonnigen Sonntagvormittag einen Brief an einen Freund in St. Petersburg. Aus Rücksicht auf den vermeintlich Glücklosen verschweigt er seine Erfolge. Er hat daraufhin einen Disput mit seinem alten Vater, der ihm vorwirft, das Geschäft an sich gerissen und eine "widerliche Gans" zur Freundin genommen zu haben. Dann verurteilt er den Sohn zu Tode. Georg rennt aus dem Haus und stürzt sich von einer Brücke. Moritz Stetters Farbsymbolik und seine Bildmetaphern sind einfach und mächtig. Gelb ist der Erfolg, der Blick aus dem Fenster, die Fabrik. Grün ist alles Schwierige, das Dickicht, der verfilzte Bart des Freundes in Russland, der Versuch, dem Vater klarzumachen, dass er Macht abgeben muss. Rot ist die Aggression des alten Mannes. Wer "Das Urteil" kauft, sollte ernsthaft darüber nachdenken, sich die ganze Reihe zuzulegen: Corbeyrans und Hornes seltsam schöne "Verwandlung", Mairowitz' und Montpelliers dunklen und wahrhaft kafkaesken "Process", Ricards und Maëls scharf ausgeleuchtetes "In der Strafkolonie", "Das Schloss" in der typischen Handschrift von Jaromír 99. Jede einzelne der Umsetzungen ist nicht nur ästhetisch aufregend, sondern fügt dem Original etwas Bedeutendes hinzu.