Tschechenkrieg
BILDER UND WELTEN
Informationen: , 26 €
Verlag: Voland & Quist
Rezension
Im Herbst 1953 mobilisierte die DDR mehr als 10?000 Soldaten und Volkspolizisten, um fünf junge Tschechen auf der Flucht nach Westberlin zu fassen. Der sogenannte Tschechenkrieg war die größte Mobilmachung der bewaffneten Streitkräfte der DDR, und wir wissen wenig über sie, weil sie in einer spektakulären Blamage endete. Jan Novák und Jaromír 99 erzählen die Geschichte der fünf Fliehenden, insbesondere der Brüder Ctirad und Josef Mašín, die als Kinder im Widerstand gegen die Nationalsozialisten aktiv waren und in den Fünfzigern das Sowjet-Regime in der Tschechoslowakei bekämpften. Nachdem sie bei zwei Überfällen und einem Brandanschlag drei Menschen getötet hatten, wollten sie sich in Westberlin der US-Armee anschließen. Jan Novák erzählt ihr Leben geschickt an einem Verhör des jüngeren Bruders Mašín durch die Stasi entlang und löst sich dann aus den Rückblenden, um das Abenteuer der Flucht, die Schießereien, Dummheiten und Glücksfälle zu schildern. Die Morde hinterfragt er nicht. "Der Kalte Krieg war nicht so kalt in der Tschechoslowakei", erklärte Novák, auf dessen Roman "Zatím dobrý" dieser Comic basiert, in einem Interview mit dem Deutschlandfunk. "Das Regime hat rund 300 Menschen hinrichten lassen, Tausende sind in Lagern gestorben oder an der Grenze oder haben sich umgebracht. Und Hunderttausende saßen im Gefängnis. Es war also eine sehr brutale Zeit damals - und die Brüder haben sich entsprechend verhalten. Aber die haben niemanden getötet, der nichts mit diesem mörderischen und stalinistischen Regime zu tun hatte." Jaromír 99 illustriert "Tschechenkrieg" in einem Stil, der an billig gedruckte Propagandaplakate erinnert, an den sozialistischen Realismus, aber auch Noir-Krimis. Besonders die Actionszenen sind mitreißend und sehr, sehr schön.
(ed)