Bis an die Grenze
ERZÄHLUNGEN UND ROMANE
Informationen: , 23 €
Verlag: Kiepenheuer & Witsch
Rezension
Josie will nur noch weg. Weg von ihrer Zahnarztpraxis, weg von ihrem Ex-Partner. Weg von den anderen Müttern in Ohio, die sie, die Alleinerziehende, an ihren Versäumnissen messen. Weg von ihren Schuldgefühlen und Selbstzweifeln. Der einzige ferne Ort, der für sie ohne Pass zu erreichen ist, ist Alaska. Dort begibt sie sich mit der fünfjährigen Ana und dem achtjährigen Paul in einem Wohnmobil auf eine Reise, die als Abenteuerurlaub gedacht war, sich jedoch eher zu einer Flucht entwickelt. Dazu wären die Waldbrände, die Josie einzuholen drohen, nicht nötig gewesen, glaubt sie sich doch ständig verfolgt und verurteilt. Ähnlich wie in "Hologramm für einen König" ist Eggers' Protagonistin in einer Krise und sucht den Ausweg in der Flucht. Jedoch fehlen hier die tiefen Einsichten in die Figur, vielmehr wählen Autor und Hauptfigur den häufigen Ortswechsel, um Intimität und Nähe zu entkommen, so dass sich bisweilen der Eindruck einstellt, keiner von beiden weiß, wohin er eigentlich möchte. Weitaus gelungener ist die Beschreibung der Beziehung zwischen Josie und ihren Kindern, die lebendig und irritierend ist, zumal Eggers mit der wilden Ana, die beständig von Trümmern und Chaos umgeben ist, und dem seelenvollen, vernünftigen Paul zwei wundervolle Charaktere gelungen sind.
(sh)