In den Wind geflüstert
ERZÄHLUNGEN UND ROMANE
Informationen: , 18 €
Verlag: Hoffmann und Campe
Rezension
Das Gedicht ist ihm entglitten. Smyrill war ganz nah dran an seiner eigenen Poesie. Er sitzt auf einem Stein am Meer und alles, "was in diesem Moment existierte, hatte seine Entgegnung dort in den unendlichen Weiten, er konnte alle Geheimnisse erfassen, alles wurde in seinem Kopf zu einer Zeile." Doch dann war die Inspiration fort. Sie verflüchtigte sich genauso wie der Nebel, der zu Beginn und am Schluss dieses Episodenromans auftaucht, und ihm seine mysteriöse Note verleiht. Ort der wechselnden Figurengedanken ist das verschlafene Fischerdorf Valeyri, das mehr ist als der "Geruch von Meer, Öl, Vogelkot, Leben und Tod - dem vielen Fisch und skurrilen Häusernamen." Es sind nur zwei Minuten, in denen der Leser in die Gedankenströme der Einwohner blicken und ihnen nacheinander lauschen kann. Zentrum der Geschichten ist eine fahrradfahrende Frau, die das Dorf durchquert. Sie leitet den Chor, der sich abends zusammenfinden wird. Sämtliche Chormitglieder erblicken sie, während sie ihren Gedanken nachhängen. Oft ist unklar, wo man sich gerade befindet, wer gerade spricht. Der Leser landet nach vielen Sätzen, fremdartigen Namen und Erinnerungen in einer Szene, die sich Stück für Stück aufgebaut hat und ihn dann wieder zurücklässt. Die Figuren flüstern ihre Geschichten tatsächlich in den Wind.
(jw)