Im Winter dein Herz

„Momente der Geborgenheit“ heißen die Einschübe, die Benjamin Lebert in „Im Winter dein Herz“ an mehreren Stellen macht, und genauso wie ein Moment der Geborgenheit uns in unserem Leben neue Kraft gibt, so zieht auch der Text aus diesen Einschüben neue Dynamik. Diese bleibt in diesem leisen Text allerdings eher unterschwellig. Die Geschichte dreier sehr unterschiedlicher Menschen, die sich, beladen mit ihren persönlichen Geschichten und den daraus resultierenden Problemen, in einem schwarzen Geländewagen auf den Weg durch den Winter machen, berührt. Oft wünscht man den Figuren jene Geborgenheit, um die es in den Einschüben geht. Robert, Annina und Kudowski kommen sich nicht trotz, sondern gerade wegen ihrer Verschiedenheit nahe und finden so jeder für sich Auswege aus der winterlichen Einsamkeit. Benjamin Lebert, einst mit „Crazy“ das Jungautoren-Wunder schlechthin, ist schriftstellerisch erwachsen geworden, das nimmt man „Im Winter dein Herz“ wohlwollend wahr. Ein unaufgeregter Text, der den Sinn des Lebens zu ergründen versucht und dem Leser mit dem Bild winterlicher Ruhe und Langsamkeit zeigt, dass das tägliche Rotieren im Hamsterrad nicht die ultima ratio sein kann.

(ct)

»Dann dachte er an den Sommer, der schlief, wie die Menschen in ihren Betten schliefen ...« Wenn der erste Schnee fällt, ziehen sich die Menschen zurück in ihre Häuser und halten Winterschlaf wie die Tiere. Robert, Annina und Kudowski, drei in dem kleinen Ort Waldesruh Gestrandete, bleiben wach und machen sich auf den Weg. In einem schwarzen Suzuki Samurai fahren sie durch ein weißes, vom Winter erfasstes Land. Es ist das Land, das man kennt, und doch ist es anders. Das Schweigen der Häuser, die verschlossenen Fensterläden erzählen von tiefen Träumen, und kaum ein Mensch zeigt sich auf den Straßen. Die drei Reisenden kennen sich nicht gut. Der Zufall hat sie zusammengeführt – jeder mit seiner Geschichte und seinen Geheimnissen –, und ihre Fahrt durch den Schnee in Richtung Süden wird zu einer Reise dorthin, wo nicht nur der Winter zu Ende geht. Benjamin Lebert hat einen poetischen Roman über Freundschaft und die Wege, der Kälte zu trotzen, geschrieben.