Im Jahr 2010 gewann die junge Autorin für ihr Romandebüt "Silberfischen" den ersten Preis des Harbour Front Festivals. Die Jury schwärmte von einer "nahezu perfekten Prosa". Tatsächlich ist ihr neuer Roman aber kein mitreißendes Lektüreerlebnis. In einem Neuköllner Mietshaus bildet sich eine Notgemeinschaft verkrachter Existenzen, deren Alltag der Roman nüchtern protokolliert. Jeden Tag rutschen die Figuren dem Abgrund ein Stück näher. Zwar bietet der Roman interessante Bezüge zum Zeitgeschehen, aber zu viele Detailaufnahmen von Blut, Urin, Schweiß und eine holperige Komposition erwecken den Eindruck einer forcierten Bitterkeit.
(nt)
Ein Panoptikum prekärer Existenzen bevölkert das Mietshaus im jüngst aufstrebenden Neukölln, und jeder hat hier eine Rechnung offen — mit den anderen, sich selbst und dem Leben: In ihrem neuen Roman erschafft die vielfach ausgezeichnete Inger-Maria Mahlke eine abgründige Welt.
Dass der kaufsüchtige Claas Jansen eine leerstehende Wohnung im eigenen Mietshaus beziehen muss, hat weit mehr Gründe als die Bankenkrise. Und nicht nur er sieht sein früheres Leben in einem rasanten Abwärtsstrudel verschwinden. Am Scheidepunkt zwischen Kiezwirklichkeit und hipper Großstadt geht es um nicht minder Existenzielles: Jeder hat hier eine Rechnung offen — die afrikanischen Dealer, die ihre Schlepperkosten abarbeiten, der Hochstapler und die alzheimerkranke Alte, die Kurzzeit-Domina, ihr neunjähriger Sohn und andere Gestalten — eine globalisierte Notgemeinschaft. Mit präzisem Blick für Feinheiten und Zwischenräume und großem Witz seziert Inger-Maria Mahlke eine Gesellschaft vor den tiefgreifenden Veränderungen unserer Zeit.
»Inger-Maria Mahlke erzählt ebenso unbarmherzig wie liebevoll.« Thomas Hettche