Sibiriens vergessene Klaviere
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Informationen: , 26 €
Verlag: Zsolnay
Rezension
Klavierklänge hallen durch die Weiten Sibiriens. Die ersten Tasteninstrumente trafen hier im 18. Jahrhundert ein – als die Russen ihr Herz an die Klaviermusik verloren. „Pianomanie“ heißt die Zeit zwischen 1762 und 1917, als die russischen Städter nicht mehr auf die Klänge der feinen Musikinstrumente verzichten wollten und diese mit nach Sibirien nahmen. Sophy Roberts erzählt von den Reisen der Klaviere in die mal eisige, mal steppenähnliche, mal dicht bewaldete Region Russlands. Freiwillig kam kaum jemand hierhin. Den Zaren kam diese Wildnis gelegen: Nach Sibirien konnten sie ihre Gegner und alle (vermeintlichen) Kriminellen verbannen. Manchen Verbannten wurden die Nasenflügel aufgeschlitzt, anderen schnitt man die Zunge heraus. Trotz solcher Strafen dachten die Verbannten an ihre Tasteninstrumente. Roberts beschwört bemerkenswert feine Gegensätze herauf: die raue Natur Sibiriens und die elegante Musikkultur Russlands, politische Gefangenschaft und künstlerische Freiheit, einfache Lebensumstände – und die Opulenz der gepflegten Musikinstrumente. Obgleich viele von ihnen heute so fragil sind, dass ein Windhauch sie umzustürzen droht, erklingen Sibiriens vergessene Klaviere dank Roberts auf neue Weise: Sie erzählen ergreifende Geschichten ihrer längst verstorbenen Besitzer.
(ang)
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