Der Schlüssel
ERZÄHLUNGEN UND ROMANE
Gelesen von Therese Hämer, Moritz Stoepel
Informationen: ungekürzte Lesung, 277 Minuten, 4 CDs, 22 €
Verlag: der diwan
Rezension
Als der doppelte Tagebuchroman "Der Schlüssel" 1956 in Japan erschien, galt er als skandalös und pornografisch. Ein alternder Intellektueller beschließt, in seinen privaten Aufzeichnungen auch sein Sexualleben zu thematisieren. Er schreibt von der Liebe zu seiner elf Jahre jüngeren Frau, aber auch von der Frustration darüber, dass sie nur "auf orthodoxem Verkehr besteht". Den Schlüssel des Buchs lässt er wie zufällig auf dem Boden liegen. Ikuko, seine Frau, nimmt die Herausforderung an und überwindet ihre konservative Erziehung. "Mein Mann kam wie immer zum Höhepunkt", schreibt sie in ihr eigenes Tagebuch, "und ich wie immer zu kurz." Das Sexualleben der beiden wird noch vielschichtiger, als der Professor Ikuko zu einer Affäre mit ihrem zukünftigen Schwiegersohn ermutigt. Während die Protagonisten einander schriftlich provozieren, tun sie im Alltag, als wüssten sie nichts über die Fantasien des anderen. Moritz Stöpels markante Stimme und die kühle, distanzierte Sprechweise Therese Hämers stehen wunderbar im Kontrast zueinander. Beide lesen hervorragend: Jede Betonung sitzt, jede Pause, jedes unterdrückte Lächeln.
(ed)