Wölfe der Nacht

Paul war nicht gerade ein Vorzeigevater: Statt nach Disney World nahm er Justin lieber mit auf die Jagd. Er sollte kein Weichei sein. Als Justin zwölf war, verließen Vater und Sohn die Holzhütte in dem Wald und entdeckten einen Bär, der blutüberströmt in einem Stacheldrahtzaun festhing. Paul zwang Justin, das Tier zu töten. Dieses Ereignis verfolgt ihn seither wie ein böser Traum. Zwei Jahrzehnte später ist Justin Lehrer und unglücklich verheiratet. Seine Frau und er sind nach einer Fehlgeburt so sehr mit ihrem eigenen Leben beschäftigt, dass sie kaum bemerken, wie Paul ihren gemeinsamen Sohn Graham unter seine Fittiche nimmt. Paul überredet Justin und Graham zu einem Jagdausflug in die Wildnis. Doch die Natur schlägt zurück.

Mit großer, literarischer Dichte, bildreich und unerhört spannend führt uns Benjamin Percy in eine andere Welt. Sprecher Bernd Hölscher macht mit seiner ausdrucksstarken Stimme süchtig. Im wohldosierten Tempo, mit dunklem Timbre und klarem Ausdruck erzählt er gleichermaßen engagiert und poetisch, kostet die Geschichte voll aus. Zehn Stunden atemberaubende Spannung, die den Hörer ununterbrochen fesselt, kann wohl als Meisterwerk bezeichnet werden.

(tm)

Selbst in der Wildnis von Oregon haben es echte Männer heutzutage schwer. Freizeitparks verschönern die Gegend, das Jäger-Handwerk ist aus der Mode. Paul will sich damit nicht abfinden. Männer müssen Kerle sein, und so will er, als sein Enkel Graham alt genug ist, mit ihm und dessen Vater losziehen und ihm das Jagen beibringen. Doch die Natur überlässt den modernen Zeiten ihr Terrain nicht kampflos. Und die grausamste Wildnis lauert im Menschen selbst. Die Wildnis soll gerodet werden. Aber in Benjamin Percys hochspannendem Debütroman schlägt sie grausam zurück.