Das zweite Leben des Herrn Roos

Es gibt wohl kaum einen zweiten Krimiautor, der es wagt, den Kommissar erst dann auftreten zu lassen, nachdem bereits rund zwei Drittel der Handlung verstrichen sind. Mit seinem neuesten Roman um Kommissar Gunnar Barbarotti zeigt Hakan Nesser eindrucksvoll, dass sich stimmige und spannende Geschichten durchaus auch ohne langwierige und detailverliebt geschilderte Ermittlungsarbeit erzählen lassen. So diktieren auf den ersten vier CDs des vorliegenden Hörbuchs zwei sehr konträre Personen das Geschehen: der 59-jährige Ante Waldemar Roos, der nach einem Millionengewinn im Toto aus seinem tristen Ehealltag ausbricht, sowie eine junge Frau, die aus einem Heim für Drogenabhängige geflohen ist.
Über weite Strecken hat man nie das Gefühl, einem Krimi zu lauschen. Spannend ist das Buch dennoch. Und selbst, als der erste (und einzige) Tote auftaucht, stehen akribische Charakterzeichnungen und philosophische Gedanken über die Liebe und das Leben stets im Vordergrund. Selbst das Ende bleibt, für einen Krimi, absolut offen – dramaturgisch ebenso mutig wie stimmig. Dietmar Bär liest gewohnt ruhig und souverän, und es ist eine wahre Freude, ihm zuzuhören. Daran können auch einzelne falsche Wortbetonungen nichts ändern. Diese verwundern angesichts seines Könnens zwar, bleiben insgesamt aber marginal und verzeihlich. 

(cb)

Herr Roos macht keinen Menschen glücklich, und kein Mensch macht ihn glücklich. Seine Arbeit gefällt ihm nicht, seine Familie mag er nicht, er hat so gut wie keine Freunde. Offensichtlich ist irgendwann in seinem Leben etwas schief gelaufen. Außerdem wird von dem Mädchen Anna erzählt, die aus einem Heim für Drogenabhängige ausgerissen ist und schließlich Herrn Ross begegnet...