PHILOSOPHIE FÜR KINDER
Über das Denken
Immer, wenn jemand sagt, ein gutes Buch müsse „Kinder zum Denken anregen“, ballt sich der Autorin die Faust in der Tasche. Erstens, weil jemand, den das Lesen nicht zum Denken bringt, ohnehin verloren ist. Zweitens, weil so jemand einem ganz sicher „Sophies Welt“ oder ähnliche Unmöglichkeiten andrehen wollen wird.
Was Erwachsene gern übersehen, ist, dass Kinder nicht aktiv „zum Denken angeregt“ werden müssen. Sie denken bereits, und zwar die ganze Zeit über. Im Menschsein unerfahren, sind sie dazu gezwungen, ständig Hypothesen über sich und ihre Umwelt aufzustellen, diese zu testen und gegebenenfalls zu verwerfen oder neu zu formulieren. Als Kind kann man es sich gar nicht leisten, einen Augenblick lang nicht zu denken, denn die Welt, in der man sich bewegt, ist unbekannt.
Zu den Büchern, die diese kindliche Denkweise reflektieren, gehören „Tote Maus für Papas Leben“ und „Nichts. Was im Leben wichtig ist“. Philip Pullmans „Kompass“-Trilogie macht Kinder auf abenteuerliche Weise mit religions- und moralphilosophischen Konzepten bekannt. Das ist gelungen, weil es eben nicht beabsichtigt war. Weil Pullman ehrlichen Herzens eine Geschichte erzählt, mehr nicht. Und „Numbers“ ist nichts Geringeres als eine klassische Tragödie, die die Unveränderbarkeit des Schicksal infrage stellt. All diese Bücher und Hörbücher sind natürlich auch Erwachsenen zu empfehlen. Sie könnten sie zum Denken anregen.